Am Düsseldorfer Flughafen ist die Band dann vereint. Roadie und Mädchen für alles „Mücke“ hüpfte in Oelde auf den RE 6, in Ahlen dann Sänger Tim und Gitarrist Norbert, in Hamm Schlagzeuger Pidde und in Essen schließlich Bassist Michi. Ich selbst, Kameramann und Greenhorn der Truppe, durfte diese Wiedervereinigung komplett miterleben.
Jetzt sitzen wir alle in schicken T-Shirts (auf dem Rücken 9 Konzerttermine in chinesischen Städten) im Terminal und stemmen das dritte Bier rein. Es ist 11 Uhr und das ganze nimmt Züge einer feucht-fröhlichen Kegelfahrt an. Die Rocker schreiben fröhlich Autogramme für eine feucht-fröhliche Damengruppe um die 50 und palavern wenig zitierfähige Zeilen.
Dann sitzen wir im Flieger, dann im Flughafen Dubai, dann wieder im Flieger und irgendwie sind immer Getränke griffbereit. Wenn das so weitergeht sind die Autogrammkarten schon unter die Völker gebracht bevor wir Peking erreichen.
In Peking wird die Band von Simone in Empfang genommen. Schnell eine chinesische Simkarte fürs Band-Handy besorgt und ab zum Hotel – Fahrt eine Stunde durch Verkehrsinfarkt.
Simone und der Fahrer amüsieren sich sichtlich, in reserviert chinesischer Art, über die harten Jungs aus Deutschland.
Einchecken, Soundcheck im „Dawn Till Dusk Club“ und dann mit Simone was essen. Durch enge Gassen, in denen an jeder Ecke irgendwas passiert, in denen Elektroroller dich ständig weghupen – schließlich sind wir im Hinterzimmer eines Restaurants und kapieren die Karte nicht. Letztlich einigen wir uns darauf, dass Simone mit ihrem Kumpel einfach irgendwas bestellt und wir das dann essen. Simone muss weiter, wir warten, während die Band lautstark deutsche Trinklieder schmettert. Die chinesische Großfamilie am Tisch nebenan ist begeistert (und das meine ich nicht ironisch).
Dann begräbt die Bedienung uns unter einem Berg von Essen, was zugegeben köstlich ist, aber ganz Tönnishäuschen sattgemacht hätte.
Zurück im „Dawn Till Dusk Club“, spielt bereits eine Experimental-Jazz-Kombo aus Norwegen. Wir haben schon sorgen, dass die die ca 50 Gäste vertreiben, bevor THE IGNITION um 23 Uhr zündet. Aber sie bleiben, nicken mit den Köpfen und starren auf Smartphones. Dann kommt ne russische Truppe dran: Musikstil Elektropop, der Sänger eine Kreuzung aus Dieter Bohlen, Mick Jagger und Captain Jack Sparrow. Aber der Mann kocht die Bude auf! Jubelschreie und Dancemoves und etwas weniger Smartphones. Und dann ist es endlich soweit. Tim, Nobby, Michi und Pidde nehmen die Bühne in Besitz und gehen von E-Pop auf Hardrock. Auch das klappt. Die Leute bleiben und die Show geht mächtig nach vorne. Dass Sänger Tim ständig Schwindelanfälle hatte, wie er später zugibt, merkt keiner. Roadie Mücke leistet ganze Arbeit, indem er die Chinesen mächtig aufmischt und die Show erreicht ihren Höhepunkt als Sänger Tim „German Style“ ein Bier stürzt, um auf den letzten Song anzustimmen. Begeisterungsstürme – darauf stehen die Chinesen.
Als wir denken, „jetzt ist’s geschafft“, gehts nochmal richtig ab. Clubbesitzer „69“ (auf der linken Hand eine 6, auf der rechten eine 9 tätowiert), lädt uns zu einer Gruppe Locals. Der Mann erinnert stark an „Mr. Chao“ aus dem Film Hangover: „I booked these Motherfuckers, because I love their shit. We met 3 years ago in Beijing and are friends ever since.“
In der Gruppe von „69“ feiert ein 8-jähriger Geburtstag und gibt uns was von seiner Torte ab. Dann haut sein Vater mongolische Lieder raus und eine Frau namens „Unna“ zeigt wilde Dancemoves.
Um drei im Hotel ist noch nicht Schluss. Als wir in die Lobby treten, schrecken überall Chinesen in Uniform aus dem Schlaf – ist schließlich rund um die Uhr besetzt, der Laden. Im Innenhof treffen wir dann auf drei Tee trinkende Männer, die auch schon bei „69“s Afterparty dabei waren. Wir können zwar nicht mit ihnen reden, setzen uns aber trotzdem dazu. Und dann gehts los: nach und nach bringen die Typen, Trockenfleisch, Trockenfisch, ein Hähnchen und anderes nicht identifizierbares Zeug. Zum Schluss noch Dosenbier von – Achtung: Köstritzer, Bitburger und Feldschlösschen. Als dann google-Translate auf dem Handy des einen Recken anzeigt „I like u little guy“, entscheidet Michi, dass wir gehen sollten. Vielleicht ein Missverständnis, vielleicht auch nicht. Vieles läuft anders in China, da fällt es schwer zu differenzieren.
4 Uhr- Licht aus.