ROCK CHINA ROLL

Seit meinem letzten Blog-Eintrag aus China, bin ich noch einiges schuldig geblieben. So hat der aufmerksame Leser sicherlich gemerkt, dass die Tour in Shanghai noch nicht zuende war. Richtig, dort waren wir am Ursprung des China-Abenteuers von THE IGNITION angekommen: „Papas Bierstube“ von Iris und Yang, das Wirtshaus, in dem 2011 alles begann. Außerdem haben wir in Shanghai von den Zipfelklatschern gehört, dem Sündenpfuhl Zapatas, Mückes Tattoo und dem Yuyintang Livehouse.

Nach alledem gings noch drei Tage weiter: Zunächst Xuzhou, eine Stadt, die von uns den Namen „Loch“ bekam, weil sie wie ein Dorf wirkte. Dass auch dieses „Loch“ fast neun Millionen Einwohner hat, brauche ich glaube ich nicht mehr zu erwähnen. Trotzdem wirken diese Riesenstädte manchmal wie Dörfer, weil abends einfach nichts geht… Die Bürgersteige sind hochgeklappt und es hat vielleicht EINE Kneipe geöffnet – Spielhallen oder Karaoke-Kabinen ausgenommen, aber damit kenne ich mich nicht aus.

Das Konzert in Xuzhou war echte Pionierarbeit. Der Schuppen hatte zwar, wie immer in China, teures Live-Equipment, sah aber ansonsten aus wie ein Blumenladen aus den 70ern. Die Knaben und Mädchen vor der Bühne machten, wie immer, alles mit, diesmal sprach aber wirklich nur eine einzige Person ein paar Brocken Englisch und so musste Tim immer wieder warten, bis seine Ansagen ins Chinesische übersetzt waren. Danach liefs aber auch hier wie immer: „Klatscht in die Hände“ – Händeklatschen, „Springt auf und ab“ – Aufundabspringen, „Singt den Refrain mit“ – Refrainmitsingen… Und nachdem der letzte Ton verhallt war, waren alle Gäste in zwei Minuten weg. „Vielleicht hat der Hamster noch Geburtstag“, fiel Norbert als mögliche Erklärung ein.

Dann kam der „13 Club“ in Tianjin an die Reihe: In dieser weiteren Millionenstadt war wieder mehr los. Vielleicht lags daran, dass hier alles für den chinesischen Touristen hergerichtet war. Es gab die „Spanish Street“, das bayerische Wirtshaus und Venedig in Miniaturform. Außerdem, wieder einmal, eine riesige Kathedrale aus Plastik. Alles frei nach dem Motto: „Warum ins Ausland reisen, wenn wir uns das Ausland selber machen können?“

"Kathedrale" von Tianjin
Die „Kathedrale“ von Tianjin

Am 8. Oktober 2017 fuhren wir mit 300 km/h in Peking ein, dem chinesischen Zuggeschoss sei Dank. Zehn Tage zuvor waren wir genau hier angekommen, aber jetzt schien alles anders. Ein Leben lag gefühlt zwischen Ankunft in China und dem Hier und Jetzt. In all der Überforderung des Moments, war es eine weise Entscheidung raus zu fahren aufs Land, genauer gesagt, zur Chinesischen Mauer. Mit einem wackeligen Skilift, der Norbert die Schweißperlen auf die Stirn trieb, gings rauf in Wolken verhangene Berge und ich merkte plötzlich, dass es auf einmal still wurde. Nur ein leichtes Vogelzwitschern war zu hören, als wir am Ende der, für Touristen sanierten, Mauer standen und auf die historischen Ruinen der übrigen zigtausend Kilometer Mauer blickten. In der Ferne nur drei schwankende Gestalten, mit einer Pulle Sangria, die das alte Gemäuer erkundeten – Ukrainer im Urlaub, wie sich später herausstellte. Warum ich die Stille erwähne? Ganz einfach, in den zehn Tagen war es der erste Moment ohne Motorenlärm, Menschengeschrei, Klimaanlagen oder Hardrock. Für eine naturverbundene Person, wie mich, durchaus erwähnenswert.

Mauer

Zurück in Peking enterten wir die legendäre Tempelbar. Ein Ranking über der Theke gab an, dass ein, sicher bekloppter, Ami hier 20 Jägermeister in 25 Sekunden gekippt hat. Genau der richtige Ort für das letzte Konzert der Chinatour 2017 von THE IGNITION. Ein Hotel war nicht gebucht, um vier Uhr morgens gings also knallvoll und hundemüde direkt zum Flughafen. Zum Glück war der Airbus A380, in Fachkreisen auch „Flattermann“ genannt, nur halb voll. Wir konnten uns also langmachen und pennen, während wir über dem Himalaya ordentlich durchgeschüttelt wurden.

Ende
Nach 10 Tagen Rock’N’Roll

Jetzt ist es Februar 2018 und wir haben das Erlebte weitestgehend verarbeitet. So viel sei jetzt feierlich verraten: Es wird bald eine Filmpremiere im Kino geben von einer neuen DOWNSIDEUP-Doku, diesmal aus China. ROCK CHINA ROLL. In den nächsten zwei Wochen gibt’s mehr dazu!

P.s.: Und wer nach der Lektüre meiner Texte noch Lust auf Rock’N’Roll in China hat, dem sei dieses Radiofeature über die Tour ans Herz gelegt:

WDR 5, Neugier genügt am 30. Januar 2018